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Deep Story nr. 112 l responsibility l by Rauschhaus


Unser Autor Simon Rucker von unterwegs-reiseblog liefert heute die Fortsetzung zu seiner komplexen und vielschichtigen Dystopie, die auf den ersten Blick an Ereignisse aus dem Geschichtsunterricht erinnern mag. Eine neue Figur betritt heute die Bühne und scheint Lichtbild und Schattengestalt zugleich zu sein. Auf seinen Schultern liegt eine schwere Last und sein Kopf ist voll mit düsteren Gedanken. Die pochenden Fragen, die unerbittlich die Schädeldecke malträtieren, werden musikalisch von unseren heutigen Gast Rauschhaus porträtiert. Sein Beat gibt den Takt der Gedankenblitze des Protagonisten wieder und entwirrt das Chaos, um uns einen Blick hinter die Kulissen dieser Szenerie zu gewähren. Spät am Abend sitzt Jacek Prym allein im weißen Sessel vor den Panoramafenstern der Präsidentensuite des Hotels Ancien Art am Grand-Place. So hat er sich das nicht vorgestellt. Er dreht das Glas Lagavulin langsam zwischen seinen Fingern hin und her. Die dunkelbraune Flüssigkeit bricht sich in den Kristallen. Tief unter ihm die Lichter der Großstadt. Er hätte sich nicht vorstellen können, wie einsam es ist, ein Präsident zu sein. Der erste Präsident. Der erste Präsident eines neugeborenen Staates. Bald Vater eines neugeborenen Kindes. Sein junges Alter ist Teil der neuen EU-Policy. Zwischen den Lichtern sieht er sein Gesicht. Es spiegelt sich in den dicken Scheiben. Wenn man genau hinschaut, bemerkt man, dass er gar nicht mehr so jung aussieht wie in den Streaming-Aufnahmen. Er selbst bemerkt es. Obwohl man in seinen eigenen Augen ja eigentlich niemals, niemals, niemals altert. Verantwortung. Ein großes Wort. Ist es das, was er nun für das alte Europa hat? 8.000 Kilometer weiter südwestlich fegt ein trockener staubiger Wind über die kahle Ebene. Dort in der Ferne sind die Reste der Wolkenkratzer von Downtown Manhattan zu sehen. Nichts, aber auch gar nichts ist übrig geblieben von den nordamerikanischen Staaten. Ihm liegen hier Informationen vor, die der Mehrheit der Menschen nicht einmal ansatzweise bekannt sind. Dennoch… Ob der völligen Auslöschung nahezu aller Menschen, Tiere und Pflanzen und sämtlicher Infrastruktur eine gezielte Aktion des Ostens vorausging oder ob sie auf einen endgültigen Kollaps der Energiesysteme zurückzuführen ist, weiß nicht einmal er zu sagen, falls das überhaupt jemand weiß. Zwar hat er seine Vermutungen, doch er würde sich hüten, damit etwas anzufangen. Gelegentlich werden aus dem nordamerikanischen Ödland Survivors geborgen, die haarsträubende Berichte abliefern. Offenbar sammeln sich überlebende Banden in Camps enormer Ausmaße. Aufklärungsdrohnen können das bestätigen. Viel Budget wird in die Missionen zur Klärung der Zustände im Ödland nicht mehr gesteckt. Es ist anderswo viel dringender nötig. Von systematischen Misshandlungen, widerwärtigen Machtsystemen und scheußlichen Mutationen ist die Rede, wenn Survivors geborgen werden. Doch das ist dieser Tage nicht Fokus seines Grübelns. Jacek Prym weiß, dass die Nordhälfte des amerikanischen Kontinents verlorenes Land ist, er hat anderes zu tun.

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